Inazo Nitobe

Als Sohn eines Samurai aus dem Nanbu-Clan wurde Inazô Nitobe im Jahr 1862 in Morioka, der heutigen Präfektur Iwate in Nordjapan, geboren. Nach kurzem Aufenthalt in Tokio, wo er seine Ausbildung begann, ging er 1877 nach Hokkaido für ein Studium an der Landwirtschaftlichen Universität Sapporo, wo er unter dem Einfluss von Dr. William S. Clark zum Christentum konvertierte. Nach seinem Abschluss wechselte er an die Kaiserliche Universität Tokio und wenig später an die Johns Hopkins Universität in den USA, wo er einer der ersten japanischen Studenten war. Während dieser Zeit in den USA trat Nitobe einer Gruppe von Quakern bei, der Religious Society of Friends, durch die er auch seine spätere Frau Mary Patterson Elkinton kennenlernte.
Ab 1887 studiert er Agrarwissenschaften an den Universitäten Berlin, Bonn und Halle. Seine Doktorarbeit legte er der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vor. Die pragmatische Ausrichtung der Universität sowie der gute Ruf der landwirtschaftlichen Fakultät lockten ihn an die Saale. Er studierte unter Johannes Conrad und Julius Kühn und erlangte schließlich 1890 seinen Doktortitel mit der Arbeit "Über den japanischen Grundbesitz, dessen Verteilung und landwirtschaftliche Verwertung".
Im Jahr 1897 reiste Nitobe zu Erholungszwecken erneut in die USA, wo er sein wohl berühmtestes Werk "Bushido: The Soul of Japan" verfasste. In diesem in englischer Sprache verfassten Werk erörterte er die Mentalität der Japaner und ihre moralischen Konzepte, um sie für ein westliches Publikum verständlich zu machen. Nach seiner Rückkehr nach Japan übernahm er 1901 einen Posten bei der japanischen Kolonialregierung in Taiwan. Er wendete sich aber bald wieder der Wissenschaft zu und nahm mehrere Lehraufträge an japanischen Universitäten an. Im Jahr 1911 reiste er als erster japanischer Gastprofessor in die USA, wo er an sechs Universitäten Vorlesungen hielt. Im Jahr 1918 wirkte er an der Gründung der Frauenuniversität Tokyo mit und wurde deren erster Präsident.
Auf der internationalen Bühne nahm Nitobe sowohl an der Versailler Friedenskonferenz von 1919 teil als auch an der Gründung des Völkerbundes 1920, dessen stellvertretender Generaldirektor er wurde – eine Besonderheit, da der Völkerbund eher von Politikern des Westens dominiert wurde. In dieser Funktion nahm er an unter anderem an der Esperanto Weltkonferenz teil. Eine seiner wichtigsten Erfolge war jedoch die Schlichtung des Territorialstreits um die Åland-Inseln zwischen Schweden und Finnland. Darüber hinaus war er einer der Mitbegründer des International Committee on Intellectual Cooperation, der Vorläuferorganisation der späteresn UNESCO. Im Jahr 1926 beendete er seine Tätigkeit beim Völkerbund und kehrte nach Japan zurück, wo er geschäftsführender Direktor des Institute of Pacific Relations wird. Dabei trat Nitobe als überzeugter Kosmopolit als Kritiker des japanischen Militarismus und des japanischen Rückzugs aus dem Völkerbund auf. Im Jahr 1933 nahm er an der Pacific Conference in Banff, Kanada, teil, wo er plötzlich erkrankte und in einem Krankenhaus in Victoria starb.